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Tradition trifft Innovation: C.H.BECK und Noxtua

Dr. Clara Herdeanu

Ein Gespräch mit C.H.BECK und Noxtua über die Partnerschaft zwischen dem als Fachverlag mit jahrhundertealter Tradition und dem KI-Unternehmen. 


Die juristische Arbeitswelt steht vor einem tiefgreifenden Wandel – getrieben durch technologische Innovationen, allen voran durch den Einsatz von KI. Mit dem Legal AI Workspace „Beck-Noxtua“ haben C.H.BECK als führender juristischer Fachverlag in Deutschland und das Berliner KI-Unternehmen Noxtua eine Partnerschaft ins Leben gerufen, die das Potenzial hat, die juristische Arbeitsweise grundlegend zu verändern. Im Interview sprechen wir mit Dr. Leif-Nissen Lundbæk (CEO & Co-Founder, Noxtua) sowie Dr. Roland Klaes (Mitglied der Geschäftsführung des Verlags C.H.BECK) über die Hintergründe der Kooperation, die Funktionsweise von Beck-Noxtua und die Frage, wie sich die juristische Arbeit in den kommenden Jahren verändern wird. 


Wie kommen ein Verlag mit mehr als 260-Jahren Tradition und ein KI-Scaleup, das mit acht Jahren in KI-Maßstäben bereits “alt”, aber im Vergleich zu C.H.BECK ja dennoch sehr jung ist, überhaupt zusammen? Was war der ausschlaggebende Grund für die strategische Partnerschaft zwischen C.H.BECK und Noxtua? 

Roland Klaes:  

C.H.BECK und Noxtua haben zwar einen sehr großen Altersunterschied, ergänzen sich aber in vielerlei Hinsicht auf ideale Weise. Wir sind 2024 auf Noxtua aufmerksam geworden, kurz nachdem sie die erste Version von Europas souveräner Rechts-KI auf den Markt gebracht haben. Ausgangspunkt der ersten konkreten Gespräche war die gemeinsame Vision, Content-Exzellenz und KI-Exzellenz in einer juristischen Anwendung zu kombinieren. Schnell wurde klar, dass beide Unternehmen ähnlich hohe Maßstäbe an Qualität und Sicherheit anlegen. Auch unsere Werte harmonieren überzeugend miteinander: Als Familienunternehmen mit einer langjährigen Geschichte stehen wir in besonderer Weise für die Stärkung des Rechtsstaats und die Unabhängigkeit der Justiz – Überzeugungen, die mit Noxtuas Verständnis von einer europäischen digitalen Souveränität in hohem Maße übereinstimmen. 

Leif-Nissen Lundbæk:  

Das kann ich nur unterschreiben. Gerade zu dem Souveränitätsaspekt hilft ein wenig Hintergrundwissen: Noxtua ist 2017 aus meiner damaligen Promotionsforschung in Oxford und dem Imperial College London heraus entstanden. Der Grundgedanke war damals schon, dass es möglich sein müsste, leistungsfähige KI, basierend auf europäischen Werten wie eben dem Datenschutz, zu entwickeln. Und ein Blick auf die aktuellen Nachrichten zeigt, wie sehr das Thema europäische digitale Souveränität an Brisanz gewonnen hat.  

Deshalb haben wir uns im Rahmen der Anfang 2025 verkündeten und von C.H.BECK angeführten Series-B-Finanzierung ganz bewusst für einen europäischen Fokus entschieden. Diese Investitionsrunde, die mit rund 81 Millionen Euro eine der größten ihrer Art für ein europäisches Rechts-KI-Startup ist, ist in unseren Augen keine klassische Startup-Finanzierung, sondern eine strategische Partnerschaft, in der Expertisen aus Recht, KI und Computing gebündelt werden. Als Deutschlands führender juristischer Fachverlag ist C.H.BECK folglich der perfekte Partner, und wir freuen uns, dass wir mit Beck-Noxtua Tradition und Innovation verbinden können.  


Welche konkreten Ziele verfolgen Sie mit dem gemeinsamen Legal-AI-Workspace Beck-Noxtua? 

Roland Klaes: 

Beck-Noxtua ist für uns der nächste logische Entwicklungsschritt – in gewisser Weise vergleichbar mit dem damaligen Übergang vom gedruckten Werk hin zu beck-online, der unser juristisches Arbeiten vor über zwanzig Jahren grundlegend verändert hat. Damals ging es darum, Informationen digital verfügbar zu machen. Heute gehen wir einen entscheidenden Schritt weiter: Wir integrieren künstliche Intelligenz nicht nur als Recherchewerkzeug, sondern als Bestandteil eines vollwertigen digitalen juristischen Arbeitsplatzes. 

Mit Beck-Noxtua verfolgen wir das Ziel, die juristische Arbeit erstmals als durchgängigen Workflow abzubilden – von der Informationsbeschaffung („Research“) über das Verständnis und die Einordnung komplexer juristischer Inhalte („Understanding“) bis hin zur eigenständigen Erstellung von Texten und Dokumenten („Drafting“). Damit verschmelzen wir die einzelnen Arbeitsschritte, die bislang häufig isoliert und manuell nebeneinanderstanden, zu einem kohärenten und intelligent unterstützten Prozess. Beck-Noxtua ist daher nicht einfach ein neues Tool, sondern der erste konsequente Schritt hin zu einem digitalen Arbeitsplatz, der den tatsächlichen Anforderungen der juristischen Praxis gerecht wird. 


Was unterscheidet den Legal AI Workspace Beck-Noxtua von anderen Legal-Tech-Lösungen, insbesondere im Hinblick auf juristische Fachanwendungen? 

Leif-Nissen Lundbæk: 

Beck-Noxtua unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht grundlegend von anderen KI-Lösungen im juristischen Bereich. Für Anwender*innen ist vor allem die enge Verzahnung von verlässlichen Inhalten und intelligenter Technologie entscheidend: Die KI greift nicht auf ein anonymes Wissensmodell oder das freie Internet zurück, sondern arbeitet direkt mit den qualitätsgesicherten Inhalten von C.H.BECK. So entstehen nicht nur fundierte, sondern auch transparente und nachvollziehbare Antworten – eine Voraussetzung für juristisches Arbeiten auf hohem Niveau. 

Ein weiterer zentraler Unterschied liegt in der Technologie selbst: Beck-Noxtua ist ein komplexes mehrschichtiges KI-System, bestehend aus eigener Infrastruktur, Sprachmodellen, die mit den exklusiven juristischen Daten von C.H.BECK trainiert sind, und dem Interface, das auf die spezifischen Bedürfnisse von Rechtsexpert*innen zugeschnitten ist. Beck-Noxtua wurde also speziell für juristische Anwendungsfälle entwickelt und auf den deutschen Rechtsraum abgestimmt. Das sorgt für deutlich höhere Genauigkeit, bessere Formulierungen und ein tieferes Verständnis für juristische Zusammenhänge – insbesondere dort, wo es auf präzise Begriffsverwendung und Systematik ankommt. 

Nicht zuletzt setzt Beck-Noxtua Maßstäbe bei der Sicherheit: Berufsgeheimnisschutz, Datenschutz und Compliance sind bei uns nicht nur vertragliche Versprechen, sondern technisch und organisatorisch umfassend umgesetzt.  


Wie stellen Sie denn sicher, dass Beck-Noxtua den hohen Anforderungen an Datenschutz und Berufsgeheimnisschutz (§ 203 StGB, § 43e BRAO) gerecht wird? 

Leif-Nissen Lundbæk: 

Da wir – anders als die anderen Anbieter am Markt – auch die KI-Infrastruktur und Modellebene verantworten, können wir viel höhere Sicherheitsstandards erfüllen. Vertrauliche Dokumente werden weder zur Modellweiterentwicklung verwendet noch auf Servern außerhalb Europas gespeichert. Dazu haben wir eine eigene KI-Infrastruktur aufgebaut und arbeiten dafür eng mit der Open Telekom Cloud von der Deutschen Telekom sowie mit IONOS zusammen. Gemeinsam mit IONOS haben wir dazu vor Kurzem auch Deutschlands erste souveräne Legal AI Factory in München eröffnet. Damit sind wir komplett unabhängig von US-Hyperscalern. 

Wer mit Beck-Noxtua arbeitet, kann sich darauf verlassen, dass juristische Anforderungen an Vertraulichkeit und Integrität durchgängig gewahrt bleiben. Und damit man uns das nicht einfach nur glauben muss, haben wir uns umfangreich zertifizieren lassen. So waren wir das erste deutsche Unternehmen, das die neue internationale ISO 42001 Zertifizierung für verantwortungsvolle Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen erhalten hat. Darüber hinaus sind wir zertifiziert nach ISO 27001, 9001, 27018, 27017 sowie BSI C5.  


Welche Rolle spielen die juristischen Inhalte von C.H.BECK beim KI-Training von Noxtua? 

Leif-Nissen Lundbæk: 

Ohne Daten ist alles nichts! Gerade im juristischen Bereich machen Daten den Unterschied. Die juristischen Inhalte von C.H.BECK sind ganz entscheidend darin, die Qualität von Noxtua als Rechts-KI zu steigern. Sie müssen sich das so vorstellen: Die KI ist darauf getrimmt, aus einer Datenmenge Muster zu erkennen und diese bei Bedarf aufzurufen, um daraus neue Daten zu produzieren und definierte Aufgaben durchzuführen.  

Da ist es zum einen relevant, was für eine Qualität die Daten haben – also, sind sie inhaltlich korrekt oder nicht. Zum anderen ist aber auch entscheidend, wie die Daten aufbereitet sind: Ist es ein chaotisches Sammelsurium oder sind es sinnvoll strukturierte und aufbereitete Daten, aus denen die KI auch die richtigen Rückschlüsse ziehen kann. Drittens steht auch die Quantität im Raum: Ist es eine ausreichende Menge an qualitativ hochwertigen und sinnvoll strukturierten Daten? Bei all diesen Punkten überzeugt C.H.BECK bzw. beck-online. 

Die gigantische und qualitativ hochwertige Datenmenge, die uns durch beck-online zum Training der KI zur Verfügung steht, ist ein massiver Sprung für den Rechtsbereich und das hat auch massive Auswirkungen auf die Qualität und Fähigkeiten der KI. 

Nehmen Sie z.B. die Analyse von Vertragsdaten: Bislang konnten KI-Lösungen, wenn sie gut waren, im Zweifelsfall vielleicht aufzeigen, welche Klausel inkorrekt war. Aber sie konnten nicht “verstehen”, warum eine Klausel korrekt oder inkorrekt war. Mit den umfangreichen Beck-Daten, kann unsere KI nun “lernen”, was korrekt/inkorrekt ist, warum dies der Fall ist und kann dies auch nachweisen – also z.B. indem sie auf relevante Kommentarliteratur verweist und die Quellen aufzeigt. Das ist wirklich ein Gamechanger.  


Wie wird sich die juristische Arbeit durch den Einsatz von Beck-Noxtua verändern? 

Roland Klaes: 

Beck-Noxtua wird zum ständigen Begleiter juristischer Arbeit – nicht als Ersatz für die juristische Expertise, sondern als intelligente Unterstützung über alle Phasen hinweg. Gerade bei wiederkehrenden Standardaufgaben, etwa der ersten rechtlichen Einordnung, dem Entwurf einfacher Schriftsätze oder der Auswertung von Dokumenten, wird Beck-Noxtua einen großen Teil der Arbeit weitgehend eigenständig übernehmen können. Das spart Zeit, reduziert manuelle Routinen und erhöht die Durchsatzgeschwindigkeit erheblich. 

Bei komplexeren Fragestellungen wiederum bleibt der Mensch entscheidend – aber auch hier kann Beck-Noxtua deutlich unterstützen, etwa durch strukturierte Voranalysen, Argumentationsvorschläge oder das Aufzeigen einschlägiger Fundstellen. Dadurch gewinnen Rechtsexpert*innen mehr Freiraum für das, was ihre Arbeit wirklich auszeichnet. 

Insgesamt bietet Beck-Noxtua die Chance, juristische Arbeit nicht nur effizienter, sondern auch qualitativ hochwertiger zu gestalten – weil der Fokus künftig stärker auf den Aspekten liegt, die den größten Mehrwert und den höchsten fachlichen Anspruch mit sich bringen. Die juristische Expertise bleibt zentral – aber sie wird durch digitale Assistenz gezielt verstärkt und freigesetzt. 


Welche Bedeutung haben die Autoren für Beck-Noxtua und wie positionieren Sie sich diesbezüglich gegenüber anderen KI-Anbietern?  

Roland Klaes:

Unseren zahlreichen Autor*innen ist es zu verdanken, dass wir in Beck-Noxtua hochwertige juristische Inhalte bereitstellen können. Gleichzeitig sehen wir uns ihnen gegenüber aber auch in der Verantwortung, ihre Urheberrechte zu schützen und ihre berechtigten Interessen nach Reichweite, Sichtbarkeit und angemessener Vergütung auch im KI-Zeitalter zu erfüllen.  

Wir haben den Eindruck, dass die meisten KI-Anbieter diese Interessen nicht wirklich im Blick haben und zum Teil das Urheberrecht sehr flexibel auslegen, um es diplomatisch zu formulieren. Noxtua hat sich da von Anfang an sehr positiv abgehoben, weil sie nicht allein auf ihre beeindruckende KI-Expertise setzen, sondern einen kollaborativen Ansatz verfolgen und davon überzeugt sind, dass in einer fairen Partnerschaft mit Verlagen und Urhebern die besten Entwicklungen entstehen.  

Für uns ist Beck-Noxtua kein Finale, sondern ein Prozess – und das heißt auch, dass wir kontinuierlich schauen, wie wir den Legal AI Workspace weiter verbessern. 


Welche Bedeutung hat die europäische Souveränität für Sie? 

Leif-Nissen Lundbæk: 

Ich spreche auch manchmal davon, dass wir uns bei Noxtua als Souveränitätsleuchtturm verstehen – weil wir eben auch zeigen, dass es möglich ist, leistungsfähige KI, basierend auf europäischen Werten wie Datenschutz, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit, zu entwickeln. 

Und wenn es neben Verteidigung und der Medizin einen Bereich gibt, in dem Souveränität wichtig ist, dann ist es der Rechtsbereich. Denn letztendlich ist ein freies und unabhängiges, also souveränes Rechtssystem einer der Grundpfeiler unseres Rechtsstaats und damit unserer Demokratie. 

Seit wann ist Beck-Noxtua erhältlich, und an wen richtet es sich? 

Roland Klaes: 

Beck-Noxtua ist seit dem 26. November 2025 verfügbar. Zuvor wurde die Lösung von ausgewählten Pilotkundinnen und -kunden – vor allem aus Wirtschaftskanzleien und Rechtsabteilungen – intensiv getestet und gemeinsam von C.H.BECK und Noxtua zur Marktreife gebracht. Das Interesse an Beck-Noxtua ist sehr groß, auch seitens der Justiz und der öffentlichen Hand. Entsprechend hatte sich bereits vor dem offiziellen Marktstart eine beachtliche Warteliste gebildet. Für die Interessenten ist neben der leistungsfähigen KI-Technologie und einzigartigen Sicherheitsarchitektur von Noxtua insbesondere auch die Exklusivität entscheidend, die Beck-Noxtua in inhaltlicher Hinsicht bietet. Denn kein anderer KI-Anbieter wird Zugriff auf den Content von C.H.BECK erhalten – weder jetzt noch perspektivisch. Wer mit der inhaltlichen Tiefe und Qualität von C.H.BECK arbeiten möchte, muss Beck-Noxtua nutzen.  


Vielen Dank für das Gespräch!